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Angriff auf welche Normalität?

Angriff auf welche Normalität?

Covid-19 wird bleiben. Ein Marathon, der uns zur Besinnung zwingt.

 

Schon einmal, bereits vor rd. 130 Jahren, ab dem Jahr 1889, hat sich ein Coronavirus (OC43) durch Reisende aus aller Welt aus Zentralasien rasant verbreitet, zuerst nach Russland, weiter nach Europa, Amerika, dann weltweit. Diese „Russische Grippe“ oder „Chinesischer Schnupfen“, die erste globale Pandemie, ist vermutlich von Kühen auf den Menschen gesprungen, mit ähnlichen Auswirkungen. Sie überforderte die Mediziner, kostete über mehrere Jahre ca. 1 Million Menschen das Leben und legte viele Wirtschaftszweige lahm. OC43 existiert noch immer, ist aber nur noch ein harmloses Erkältungsvirus.

Das aktuelle Coronavirus, Covid-19 beziehungsweise SARS-CoV-2 (oft auch nur CoV bzw. CoV2) ist inzwischen mehr oder minder auf allen Kontinenten ein fester Bestandteil der Lebenswirklichkeit – und es wird es auch bleiben. So manche Vorsichtsmaßnahme auch.

Schon zu Beginn der Krise, im März 2020, hatte ich das Thema „Covid-19 – eine Analyse aus der Vogelperspektive“ weitgehend zu- und eintreffend abgehandelt, aber ein ergänzender, erneuter Blick darauf scheint angebracht – inzwischen ist CoV2 Normalität geworden. Was bedeutet das für unser Verständnis von Gewohnheiten? Zuallererst: Die Krise macht uns klar, dass es eigentlich nie eine Normalität gab – die Vorstellung davon war trügerisch und hat noch nie der Realität standgehalten. Und dann lehrt uns die Krise, wie wichtig die Rückbesinnung auf uns selbst und auf das ist, was wir tatsächlich brauchen. Schließlich fordert sie uns zu einer neuen Grundhaltung auf, in der wir die Dinge, die wir haben und tun, mehr schätzen als zuvor. Denn nichts ist selbstverständlich. Das anzuerkennen, lehrt uns Covid-19.

Schon der Gedanke, die Pandemie sei unter Kontrolle, war und ist trügerisch. Nachdem der Lockdown und die meisten Restriktionen in so manchen Ländern aufgehoben waren, schlug die Illusion wieder zu: „Rückkehr zur Normalität!“ Doch es gibt keine Normalität im Sinne einer heilen Welt. Es gab sie nie, bezeichnenderweise auch vor Corona nicht. Nur zwingt uns diese Krise jetzt, das endlich zu respektieren und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

Trügerische Sicherheit

Das vorrangige Gefühl im Sommer 2020 war zumindest in der EU, die Ausnahmesituation beendet zu haben und zum Normalzustand zurückgekehrt zu sein. Politik, Fachwelt und Öffentlichkeit hatten Einiges über das Virus gelernt, wenngleich auch die möglichen negativen Gesundheitsfolgen längst nicht komplett verstanden. Aber erste funktionierende Behandlungsmethoden, Maßnahmen- und Regelkataloge waren ausgetüftelt, und die gaben Sicherheit. Und so kam man stillschweigend zu einem Punkt, an dem man schon meinte, das war’s jetzt und es geht zügig wieder in eine neue – also eigentlich zurück in die alte – Normalität. Nach dem Motto: „Covid-19 war gestern, jetzt genießen wir den Sommer, die Ferien, es läuft wieder fast normal, wir können wieder aufatmen, wer redet da schon noch groß über das Coronavirus.“ Es schien, als habe man die Situation im Griff.

Aber es kam anders. Die CoV2-Fallzahlen stiegen rasch wieder stark, mancherorts schlimmer als zuvor. Die Covid-19-Hygienedisziplin und Vorsicht sind bei vielen dahin. Also rudern die Regierungen zurück, stufen zahlreiche Regionen und ganze Länder erneut als Risikogebiete mit Reisewarnung ein und setzen sie auf die „schwarze bzw. rote Liste“. Regulierungsmaßnahmen sind, etwas gezielter, wieder in Kraft.

Auch mit Impfstoff keine „Normalität“

Nun hofft man allseits auf die baldige Verfügbarkeit von Impfstoffen und Medikamenten. In der Tat stehen die Chancen dafür momentan zur Jahresmitte 2021 hin ziemlich gut. Aber auch Impfstoffe und Medikamente entschärfen die Pandemie nur vorrübergehend, nicht auf Dauer. Nicht jeder wird sich impfen lassen, das CoV2 wird wahrscheinlich wie das Grippe-Virus mutieren – wodurch Medikamente, die gestern noch geholfen haben, morgen nicht mehr wirken. Zudem ist noch lange nicht ausgemacht, dass einmal Infizierte und Genesene oder Geimpfte fortan immun sind, es gibt bereits widersprüchliche Erkenntnisse. Es gibt die Hoffnung darauf, aber eine generell gültige Aussage lässt sich daraus nicht ableiten.  Auch gegen das Grippe-Virus gibt es zwar eine Impfung, die ein bisschen schützt, aber sie schützt eben nicht hundertprozentig, nicht alle Geimpften und auch nicht in jedem Winter und oft nicht ohne Nebenwirkungen. Deshalb fordert die Influenza – obwohl es Impfungen gibt – jährlich weltweit rund 650.000 Todesopfer.

Daher sollten wir Covid-19 langsam doch als Teil unserer Alltagsnormalität betrachten. Wir sollten darüber nachdenken, wie wir damit auf Dauer umgehen und das Beste daraus machen. (Erinnernd an Prof. Jim Collins ‘Stockdale Paradox’: “Confront the Brutal Facts, Yet Never Lose Faith” - Sieh den [brutalen] Tatsachen in die Augen, aber verliere dabei nie die Zuversicht). Das bedeutet nicht, dass wir feige einen Kampf aufgeben, den wir heldenhaft führen sollten, sondern es geht um Einsicht in die wahre Lage. Und es geht darum, daraus einige entscheidende Erkenntnisse und Handlungen abzuleiten.

Denn das ist es, was die Gesellschaft ignoriert: In die alte Normalität werden wir nicht zurückkehren. Der Umgang mit Covid-19 wird zum Marathon. Das Virus ist ganz offenbar hier, um zu bleiben. Einer solchen Herausforderung alleine mit Hoffnungen und Wunschvorstellungen zu begegnen, ist mehr als naiv. Vielmehr geht es jetzt darum, einige der grundlegenden Selbstverständlichkeiten unseres bisherigen Lebens und Lebensstils zu hinterfragen und außerdem zu begreifen, dass die Menschheit als ganze ihr Selbstverständnis überdenken muss.

Das Virus zwingt uns zur Besinnung

Das Virus hat das Leben vieler Menschen umgekrempelt. Für viele war und ist CoV2 ein Albtraum – vor allem für die, die daran schwer erkrankt sind oder starben – und auch für deren Familien. Für andere waren das Virus und der Lockdown jedoch ein positiver Traum: endlich einmal durchatmen, entschleunigen, runterkommen, entspannen, endlich kein Flugzeug mehr am Himmel, wegen Homeoffice nicht im Stau, sowieso kaum noch Autos auf den Straßen, bessere Luft, kaum noch Menschenmassen wo auch immer, mehr Ruhe, höhere Lebensqualität. Für die nächsten wiederum wurde die Situation zur existenziellen Probe: „Funktioniert mein Job noch?“ – „Funktioniert mein Geschäft, meine Unternehmensidee noch?“ Und: „Funktioniert, was ich bisher für normal hielt, noch weiter?“

Was auch immer die Menschen im Einzelnen erlebt haben und wie sehr sie sich an den Gedanken einer Rückkehr zur Normalität klammern: Dieses Virus mag mancher vielleicht als Strafe Gottes betrachten, als Damoklesschwert, als unsichtbaren Feind – oder eben auch als Weckruf, die große Chance zur Veränderung. CoV2 bietet jedenfalls die Chance dazu, dass die Menschen sich auf etwas Selbstverständliches zurückbesinnen, was die meisten von ihnen längst vergessen haben: Rücksicht gegenüber Mitmenschen und Natur, Respekt für Mitgeschöpfe, Dankbarkeit für die unermesslichen technischen Möglichkeiten der heutigen Zeit und für das, was wir haben.

Was bedeutet es eigentlich, auf der Erde zu leben? Darüber nachzudenken, dazu fordert uns jetzt auch Covid-19 auf – nach dem Plastikmüll im Meer, der Frage nach immer weiteren Energiequellen für immer mehr Energie und der Erderwärmung. Auch wenn 2020 der Welterschöpfungstag mit 22. August 2020 wegen Covid-19 drei Wochen später als im Vorjahr eintrat, so gab auch vor CoV2 genug Hinweise darauf, dass wir es überreizt haben. Die angebliche „Normalität“ war überdreht – und jetzt zwingt uns das Virus dazu, vermehrt zu Hause zu bleiben, bei Begegnungen uns und andere zu schützen. Es zwingt uns, darüber nachzudenken, ob wir nicht besonders im Hinblick auf den Rest der Schöpfung ein gewisses Einfühlungsvermögen entwickeln sollten.

Das Virus wird so normal sein wie Sonne und Mond

Und Covid-19 zeigt uns: Wir können nicht dauerhaft davon ausgehen, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind. Und CoV2 hält uns vor Augen: Es gab noch nie ein Leben ohne Disruptionen unterschiedlicher Intensität – vom Stromausfall bis zum Krieg. Und wenn wir ehrlich sind, wissen wir das auch. Die Explosion von 2750 Tonnen Ammoniumnitrat traf Beirut mitten in der Covid-19-Krise. Mögliche Ereignisse warten nicht geduldig mit ihrem Eintreten, nur weil es vor Kurzem schon eine Disruption gab. Die Wirklichkeit spricht dem Glauben des Menschen, es werde schon alles gut und sicher bleiben, immer wieder Hohn, und der Mensch kapiert es nicht.

Hinzu kommt: Der Mensch überschätzt sich, er hat die Welt noch nie wirklich beherrscht. Weder gegen Erdbeben noch gegen Vulkanausbrüche konnte der Mensch jemals etwas ausrichten. Auch Sonne, Wind und Regen steuern wir nicht. CoV2 drängt uns jetzt in unsere Statistenrolle im Weltgeschehen zurück. Das Virus wird so alltäglich sein wie die Sonne und der Mond, wie der Wind und der Regen, wie die Jahreszeiten, wie Tag und Nacht, wie Ebbe und Flut – mit der gleichen Selbstverständlichkeit. Ebenso, wie wir sämtliche Folgen der Erdrotation und der Dynamiken des Sonnensystems akzeptieren, indem wir uns damit einrichten, werden wir auch das Virus als gegeben hinnehmen müssen. Es wird unser Leben ebenso unerbittlich bestimmen. Uns bleibt nur, das Verhalten von Sonne, Planeten und Mond mit all ihren Folgen hinzunehmen. Und genauso bleibt uns nur, das Virus mit allen seinen Folgen zu akzeptieren.

Es hätte auch etwas Schlimmeres sein können als ein kaum aggressives Coronavirus, das uns zu dieser Rückbesinnung auf unsere Kleinheit nötigt. Mit Covid-19 haben wir sogar noch Glück: Die Sterblichkeit beträgt nicht 95 Prozent wie bei der Pest oder 67 % wie bei Ebola, die Übertragung ist nicht so schwer zu verhindern wie bei der Malaria. Sicher: Nicht wenige Menschen und Firmen hat CoV2 wirtschaftlich hart erwischt. Andere aber profitieren von einem Mitnahmeeffekt, holen sich staatliche Hilfen in Form von verlorenen Zuschüssen, Subventionen und fast zinslose, langfristige, ebenso vom Steuerzahler verbürgte Kredite. Einige sehen „Jammergelder“ sogar schon als Teil eines miteinkalkulierten Unternehmensgewinns. Insgesamt hat CoV2 kein Know-how vernichtet, noch hat es Betriebsstätten zerbombt, auch ist keine Infrastruktur kaputt gegangen. Insofern war und ist der Neustart der Wirtschaft kein Kunststück, sondern eher eine Frage des koordinierten und vernünftigen Wiederhochfahrens. Natürlich wird die wirtschaftliche Erholung Zeit brauchen, eventuell Jahre.

Dass wir jedenfalls so lange ohne eine solche Disruption gelebt haben, war im Grunde sehr unwahrscheinlich. Aber nur weil eine Generation keinen Krieg erlebt, ist Krieg eben nicht undenkbar. Zugleich neigt der Mensch dazu, die gewohnten Zustände als das Maß aller Dinge anzusehen – gerade in der modern industrialisierten Welt, in der Menschen Wohlstand, Überfluss, Zügellosigkeit, Egoismus, „unendliche“ Möglichkeiten, Macht, Schutz und Sicherheit, für normal halten, weil sie eben gegeben sind.

Aber wie gesagt: Die Normalität ist trügerisch, sie beruht auf einer selektiven Wahrnehmung des tatsächlich Möglichen. Tatsächlich ist alles sehr zerbrechlich auf dieser Welt. Alles kann jeden Moment anders oder auch zu Ende sein. Schon morgen könnte die nächste, große Herausforderung auf uns warten, sich gegen uns stellen, ob aus eigener Verantwortung oder durch ganz andere Gewalten. Ob es menschengemachte Nano-Materialen sind, die uns in wenigen Jahrzehnten in ein absehbares Desaster führen könnten, wenn wir nicht rechtzeitig gegensteuern (Nanopartikel – potenziell gefährlicher als Atommüll). Oder ob der Rückgang der Bienenpopulation das gesamte ökologische Gleichgewicht zerstört, vor dem uns bereits 1949 Albert Einstein eindringlich warnte. Ganz egal, was es sein könnte: Es wird auch zukünftig existenzielle Disruptionen geben, und der Mensch wird sich darauf niemals vollständig vorbereiten können.

Und trotz dieser Gewissheit meint der Mensch in seiner Hybris, alles zu beherrschen. Er leugnet seine Ohnmacht und unterliegt der Illusion einer Allmacht. Und darum glaubt er, die Dinge würden sich ohne sein Zutun nicht ändern. Wir Menschen wollen so gravierende Veränderungen wie die Maßnahmen gegen Covid-19 einfach nicht! Wir haben es uns so bequem eingerichtet, dass nicht sein kann, was wir nicht wollen. Wir bevorzugen die statische Lage. Wir wollen alles planbar haben, sicher und in großen Zeiträumen stabil. Indem wir die tatsächliche Volatilität der Welt befürchten und daher verdrängen, nehmen wir zu vieles einfach als ständig gültig und gegeben hin. In der Realität aber ist diese Verlässlichkeit, die wir uns so wünschen, reine Fantasie – gerade, weil die Zeitspanne einer Generation nur einen Wimpernschlag in der Ewigkeit beträgt.

Was das Virus von uns verlangt

So, wie es der Sonne egal ist, was wir denken, ist es dem Virus egal, was wir denken. Welche Ansicht wir auch immer zu CoV2 vertreten – es kommen verschiedene Anforderungen auf uns zu.

Wir werden uns daran gewöhnen müssen: Wir brauchen nicht nur ein hohes Reaktionstempo, um akute Situationen zu meistern, sondern auch noch Durchhaltevermögen. Wir müssen uns bewusstmachen, dass das Leben zerbrechlich ist.

Dies erfordert von uns allen insbesondere mehr Achtsamkeit rundherum, um wacher und lebendiger durchs Leben zu gehen. Wach sein, lebendig sein, achtsam sein, genau hinschauen, jeden Tag, nicht nur hin und wieder – das muss zu einer Lebensgewohnheit werden. Vorsichtig zu sein, was seinen Umgang angeht, immer, täglich.

Dabei schult uns die Achtsamkeit in etwas, was wir längst vergessen haben zu tun, nämlich Vorsicht walten zu lassen. Rücksichtslosigkeit, Angst und Panik sind unangemessen. Wir brauchen auch keine Angst und Panik vor dem Wetter zu haben, aber vorsichtig und achtsam zu sein, das ist angemessen. Auch vorsichtig zu sein, was die Ressourcen unseres Planeten und Geschöpfe betrifft, ist längst angemessen.
Vorsicht ist nicht Angst, sondern das Gegenteil. Vorsicht ist eine bewusste, klare, gewollte, freiwillig angewendete Verhaltensweise des genauen Hinschauens, des Überprüfens, des Abwägens der Risikokalkulation und des bewussten Beschließens.

Vorsicht im Umgang mit Covid-19

Vorsicht in Bezug auf CoV2 bedeutet: Uns immer wieder zu fragen, ob wirklich nötig ist, was wir tun. Zu überlegen: Warum tun wir, was wir tun? Wir führen uns die Begründung und den Wert unseres Tuns also immer wieder vor Augen – und beenden damit die Gedankenlosigkeit der „früheren Normalität“. Also: Gehen wir arbeiten, weil uns genau dieser Job begeistert, unsere Berufung ist? Oder nur, weil wir das Geld unbedingt brauchen? Oder weil wir uns gegenüber Kolleginnen und Kollegen moralisch verpflichtet fühlen? Oder gehen wir widerwillig arbeiten, gegen Herz, Vernunft und Berufung? Vorsichtig zu sein, würde bedeuten: Wir sehen uns vor, wir sehen voraus – und wir schauen uns an, warum oder wozu oder wofür oder wohin führend wir etwas tun. Warum besuchen wir jetzt diese oder jene Feier oder Versammlung, diesen Urlaubsort oder jenes Kaufhaus? Weil es alle machen, weil wir es immer gemacht haben, weil heute Donnerstag ist? Genügt das als Begründung dafür, dass wir etwas tun oder brauchen?

Ist die Begründung ausreichend, so tun wir es – und dann bedeutet Vorsicht ein bewusstes und überlegtes Verhalten bei jeder einzelnen Handlung, stets im Blick auf die möglichen Folgen. Vorsicht kann auch heißen, dass wir nochmals genauer hinschauen und uns eingestehen, dass die Begründung zu leicht wiegt, und dass wir dann sagen: Wir lassen es bleiben, wir tun es nicht, wir kaufen nicht, wir verzichten – weil das Produkt möglicherweise zum Billigstpreis um die halbe Welt gekarrt wird, anstatt Regionales zu bevorzugen, in der Herstellung die Umwelt zerstört oder die Arbeiter rücksichtslos ausgebeutet werden.

Wenn wir uns mit Covid-19 beschäftigen, beschäftigen wir uns automatisch auch mit der Fähigkeit des Menschen, sich über Gewohnheiten bewusst zu werden, Gewohnheiten möglicherweise abzulegen und sich neue Gewohnheiten anzueignen. Es tut unserer Zivilisation ganz gut, über Gewohnheiten einmal Rechenschaft abzulegen und sich zu fragen, welche Gewohnheiten zumindest einmal überdenkenswert wären. Ist es wirklich sinnvoll, jedes Jahr fünfmal – meist aus Flucht vor Frust und Alltagsstress - in den Urlaub zu fahren, in Hektik für vier Tage zum Preis von nur ein paar Euro nach Marokko zu einer Weekend-Rave-Party oder nach Mallorca zu einem Saufgelage zu fliegen? Dadurch, oder nicht minder durch ständige Geschäftsreisen, einen verheerenden ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen? Und dies, obwohl es im Business Großteils auch Onlinekonferenzen tun? Ist die Begründung wirklich so erschlagend, dass sie schwerer wiegt als die Vorsicht?

Bewusstsein über Werte und eine neue Grundhaltung

Schlussendlich führt uns CoV2 damit in ein neues Bewusstsein, nämlich in ein Bewusstsein für unseren Wert, den Wert unseres Lebens und auch für den Wert der Gemeinschaft, in der wir uns bewegen – für Familie, Ehe, Dorf, Stadt, Uni, Firma, Arbeitsplatz. Wir sind alle gefordert, vorsichtiger zu sein, genauer hinzuschauen und bewusster zu leben.

Und so fordert uns Covid-19 freundlich, aber auch sehr nachdrücklich zu mehr Bewusstheit und weniger Ignoranz auf. CoV2 macht uns damit den Wert der vielen verschiedenen Dinge klar, die zu unserem „ach so normalen Leben“ notwendig sind. Das Virus zwingt uns zu mehr Bewusstsein für das Ineinandergreifen dieses Räderwerks, für das, was wir das „normale Leben“ nennen. Wir erkennen, was dieses „normale Leben“ überhaupt erst möglich macht, was alles hineinspielt und was wovon wie abhängt. Wir ermessen, was alles funktionieren muss, damit die Dinge „normal“ laufen. Und uns wird klar, wie zerbrechlich die Dinge, Gegebenheiten, Gesundheit, Natur und jegliches Leben sind.

Wir werden uns dadurch nicht nur die Vorsicht zu einer Grundhaltung, sondern auch die Idee der Grundhaltung überhaupt neu bewusst machen. Eine Grundhaltung ist eine Haltung, die zum Fundament unseres Lebens gehört, die Nachhaltigkeit fordert und die man nicht beliebig wechseln kann. Eine Grundhaltung ist ein Lebensfundament, vom Umgang mit anderen, mit Familie, Natur, Wohlstand, Vielfalt, Andersartigkeit und vielen anderen Dingen. Angeblich altmodische Tugenden, viele dem Begründer der Ethik, dem griechischen Universalgelehrten Aristoteles (384-322 v. Chr.) entstammend, wie Anstand, Treue, Dankbarkeit, Demut, Mäßigung, Freundlichkeit, Wohlwollen, Fleiß, Offenheit, Herzensgüte, Empathie und andere spielen plötzlich wieder eine Rolle. Dazu gehört wieder die Vorsicht, und zwar auf allen Ebenen – ob es um Aussagen, Schlüsse, Meinungen, Beurteilungen, Verantwortung oder anderes geht. Worauf begründen wir unser Selbstverständnis? Worum geht es uns wirklich? Was ist wirklich wichtig und von Bedeutung für jeden Einzelnen von uns?

Es gibt und gab nie eine „Normalität“

Auch ein Blick auf die wirtschaftlichen Perspektiven ist elementar: Das gedruckte Vermögen, die Unsummen, die aufgrund der Covid-19-Pandemie nun um den Globus bewegt werden, waren noch nie in der Geschichte der Menschheit größer als jetzt. Natürlich wird dies langfristig zu nicht unerheblicher Geldentwertung führen, aber kurzfristig will dieses Geld, ähnlich einem Vogelschwarm, der um den Planeten fliegt, irgendwann auch wieder gut aufgehoben und nutzbringend landen. Somit ist es auch eine Frage, warum es bei einem selbst, bei seinem Unternehmen landen soll, was man dafür Attraktives zu bieten hat. Auf Antitrends, wieder deutlich mehr Regionalität anstatt auf Globalisierung zu setzen oder gar so manche Geschäftsidee ganz neu zu denken, dürften dabei keine schlechter Plan sein. Auch die im weitesten Sinne gemeinten Bereiche von Landwirtschaft, Natur und Umwelt, grüner Energie – sobald echte Nachhaltigkeit und kein Greenwashing involviert sind, aber auch das Handwerk und die Digitalisierung dürften einen besonderen wirtschaftlichen Aufschwung erfahren. Dabei wird die Digitalisierung ihren Disruptionsfeldzug in der Wirtschaft wohl noch aggressiver fortsetzen, Insofern mag der indisch-amerikanische Star-Investor Naval Ravikant mit seiner Ansage durchaus für viele Sektoren recht haben: „Your company may not be in the software business, but eventually, a software company will be in your business“. (zu Deutsch: Ihr Unternehmen ist vielleicht nicht in der Softwarebranche tätig, aber irgendwann wird ein Softwareunternehmen in Ihrer Branche tätig sein.)

Aber vor allem: Gewöhnen wir uns doch bitte alle den Begriff „normal“ ab! Normal ist gar nichts. Normalität ist eine Fiktion, eine Konstruktion, die wir uns gebaut haben, um uns wohlzufühlen, um uns innerlich schlafen zu legen. Im Universum ist nichts „selbstverständlich vorhanden“. Es ist alles freiwillig im Universum. Deswegen ist die Vorsicht so wichtig: Wir brauchen gute Begründungen für alles – denn Normalität trägt uns nicht. Grundhaltungen dagegen tragen uns schon. Je klüger sich eine Gesellschaft zu diesen Themen verhält, desto besser ist es für die Zukunft und für uns alle. Dann haben wir im Marathon mit Covid-19 möglicherweise gar keinen Feind, sondern einen Freund, der uns bei unserer Selbstbesinnung hilft.

„Das Ende der CoV-Pandemie hänge nicht allein vom Vorhandensein eines schützenden SARS-CoV-2-Impfstoffs ab“, sagte der Europa-Generaldirektor der WHO, Dr. Hans Henri P. Kluge, anlässlich der Alpbacher Gesundheitsgespräche am Europäischen Forum Alpbach am 24. August 2020: „Sie endet, wenn wir gelernt haben, mit dem Virus zu leben“.

Insofern haben wir alle es zu einem guten Teil selbst in der Hand, damit es in absehbarer Zeit ein Licht am Ende des (Covid-19) Tunnels gibt.

Reinhold M. Karner
(RMK Denklabor)

© 1. September 2020

P. S. Ich freue mich, wenn Sie meine Artikel teilen, Sie können sie auch gerne kostenlos abdrucken oder im Netz veröffentlichen, mit dem Hinweis auf den Autor oder den Link auf diese Website: www.RMK.org

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